Internationale inklusive Projektarbeit

Handbuch für Kommunen

Inklusive Kommune – Maßnahmen zur Förderung einer inklusiven Gesellschaft in den Partnerstädten Leipzig und Addis Abeba

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Inhaltsverzeichnis Internationale inklusive Projektarbeit

Vorwort

1. Die Grundlagen

1.1 Jedes Projekt beginnt mit Fragen

1.2 Die eigene Basis

1.3 Zielgruppe und Partner

2. Die Planung

2.1 Gedanken zur Planung

2.2 Das Budget

3. Die Durchführung

3.1 Interne Kommunikation zwischen den Partnern und Beteiligten

3.2 Klar und einfach zu verstehen: Kommunikation mit allen

3.3 Dokumentation

4. Auswertung und Öffentlichkeitsarbeit

4.1 Auswertung

4.2 Öffentlichkeitsarbeit

4.2.1 Die Öffentlichkeitsarbeit nach Innen

4.2.2 Die Öffentlichkeitsarbeit nach Außen

4.2.3 Barrierefreie Öffentlichkeitsarbeit

Impressum

Vorwort

Dieses Handbuch wendet sich an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Städten, Gemeinden und kommunalen Einrichtungen.

Es soll Ihnen helfen, Ihr inklusives Projekt für Ihre Stadt mit internationalen Projektpartnern zu entwickeln, zu planen und durchzuführen.

In diesen Text sind die Erfahrungen des Nakopa-Projekts „Inklusive Kommune – Maßnahmen zur Förderung einer inklusiven Gesellschaft in den Partnerstädten Leipzig und Addis Abeba“ eingeflossen.

Dabei haben wir uns auf einige, aus unserer Sicht, wichtige und nützliche Gedanken beschränkt. Wir hoffen, dass diese Hinweise Sie ermutigen, selbst solche Projekte zu beginnen.

Dieses Handbuch stellt drei Aspekte in den Vordergrund:

Wir wünschen Ihnen viele gute Ideen!

Dieses Handbuch soll gut lesbar sein. Deshalb verzichten wir im redaktionellen Teil darauf, männliche und weibliche Sprachformen gleichzeitig zu verwenden. Es sind immer alle Geschlechter gemeint.

1. Die Grundlagen

1.1 Jedes Projekt beginnt mit Fragen

Welche Probleme gibt es
in unserer Kommune?

Diese Frage legt das Thema des Projekts fest. Sie ergibt auch schon Hinweise auf mögliche Partner. Diskutieren und beantworten Sie diese Frage – ebenso wie die beiden anderen Fragen in diesem Abschnitt – möglichst gründlich und ausführlich.

Wichtige Fragen, die wir nicht rechtzeitig beantwortet haben, kommen immer wieder.

Welche Lösungen stellen wir uns vor?

Diese Frage beschäftigt sich mit den Zielen Ihres Projekts. Es ist wichtig, diese Ziele klar zu beschreiben.

Hier geht es nicht um die Einzelheiten. „Wir möchten, dass Menschen mit Behinderungen unsere Einrichtung ohne fremde Hilfe besuchen können.“ ist ein klares Ziel. Man kann es erreichen, man kann es zum Teil erreichen oder man erreicht es nicht. „Wir möchten unsere Einrichtung für Menschen mit Behinderungen verbessern.“ ist kein klares Ziel.

Wie wollen wir diese Ziele erreichen?

Das Problem wurde gut beschrieben. Es gibt klare Ziele.

Alle Ideen und Vorschläge für Aktionen, Veranstaltungen oder Produkte können jetzt sinnvoll diskutiert werden.

Alle sollen wissen und verstehen, warum wir uns für dieses oder jenes entschieden haben.

So ist es auch einfacher, spätere Änderungen oder Alternativen zu diskutieren.

1.2 Die eigene Basis

Was ist unser eigenes Interesse?

Welche Haltung hat unsere eigene Einrichtung zu dieser Frage?

Der politische Wille ist eine Voraussetzung.

In Leipzig wurde unser internationales Engagement durch den Oberbürgermeister

und den Stadtrat getragen.

Hat das Projekt die volle

Unterstützung der gesamten Einrichtung?

Es ist ein großer Unterschied, ob nur Sie selbst, Ihre Abteilung oder Ihre ganze Einrichtung sich für Ihr Projekt einsetzen.

Wie können wir alle Beteiligten motivieren?

Präsentationen, Vorträge oder Filme zum Thema mit gemeinsamer Diskussion können eine gute Wirkung haben.

Welche Möglichkeiten hat unsere Einrichtung für die Projektarbeit?

Für die internationale Zusammenarbeit brauchen Sie Zeit und Ruhe.

Alle Mitarbeiter haben ihre eigenen Aufgaben im Projekt. Sie sind selbst für ihre Arbeit verantwortlich.

Welche Mitarbeiter, wie viel Geld können wir einsetzen?

Es ist einfacher, wenn dieselben Personen über die gesamte Zeit am Projekt arbeiten. Deshalb müssen genügend Mitarbeiter dabei sein.

Welche Kenntnisse sind schon vorhanden?

Mitarbeiter können oft besondere persönliche Kenntnisse und Erfahrungen beitragen.

Welche Expertise von außerhalb ist notwendig?

Wie können wir fehlende Kenntnisse vermitteln?

Seminare, Schulungen oder gemeinsame Aktivitäten können eine gute Vorbereitung sein.

1.3 Zielgruppe und Partner

Mit wem möchte ich ein Projekt entwickeln?

Mit wem können und wollen wir unsere Ziele erreichen?

Oft gibt es bereits Partner. Mit ihnen werden die grundlegenden Fragen gemeinsam diskutiert.

Projekte können durch Städtepartnerschaften entstehen. Gemeinsam werden die Ziele und Aktionen entwickelt und Partner-Einrichtungen gefunden.

Sie können vorhandene Organisationen und Netzwerke nutzen oder auf bestehenden

Projekten aufbauen.

Das Thema kann in öffentlichen Veranstaltungen und in den sozialen Netzwerken diskutiert werden. Über gemeinsame Ziele kann man Partner finden.

Eine andere Kommune hat bereits gute Lösungen gefunden. In einem gemeinsamen Projekt könnte man diese Lösungen untersuchen, erweitern und von einander lernen.

Ist das Projekt inklusiv?

Inklusive Projekte richten sich an eine oder mehrere Gruppen, die einen besonderen Nutzen von dem Projekt haben sollen.

Sind die Menschen, denen das Projekt gewidmet ist, an der Diskussion von Beginn an beteiligt?

Beteiligen Sie diese Gruppen so früh wie möglich an Ihrem Projekt, entwickeln und planen Sie Ihr Projekt grundsätzlich zusammen mit diesen Menschen. Bauen Sie auf Respekt auf. Auf diese Weise können Sie auch Missverständnisse oder Fehler in der Planung vermeiden.

Was ist unser

gemeinsames Interesse?

Formulieren Sie mit den Partnern, was Sie gemeinsam erreichen wollen.

Was können wir voneinander lernen?

Bei internationalen Projekten haben die verschiedenen Partner in der Regel unterschiedliche materielle und kulturelle Voraussetzungen in ihren Heimatländern. Diese Unterschiede sind eine wesentliche Stärke für das Projekt.

Die unterschiedlichen Bedingungen müssen in der gesamten Projektarbeit berücksichtigt werden. Alltägliche Dinge, die uns einfach und selbstverständlich erscheinen, können für andere ungewohnt oder schwierig sein.

Im Planungstreffen können Vertreter oder Kenner der Kultur beraten.

Menschen aus den betreffenden Kulturkreisen, die in Ihrer Kommune wohnen, können sich beteiligen.

Eine gute Vorbereitung zu interkulturellen Unterschieden durch Seminare oder Vorträge ist nützlich.

2. Die Planung

2.1 Gedanken zur Planung

Projektpartner und Mitwirkende, Arbeitsaufgaben, Zeit, Geld sind verschiedene Grundlinien eines Projekts.

Sie entwickeln sich gleichzeitig während der Planung.

Sie beeinflussen sich gegenseitig.

Dient die aktuelle Planung den grundsätzlichen Zielen des Projekts?

Ist unsere Planung der einzige mögliche Weg, unsere Ziele zu erreichen?

Vielleicht können Aufgaben nicht wie geplant durchgeführt werden.

Öffnet ein neuer Vorschlag neue Möglichkeiten?

Wenn sich die Bedingungen ändern, gibt es auch andere Möglichkeiten, ans Ziel zu kommen.

2.2 Das Budget

Können alle Beteiligten ihre Aufgaben gut bewältigen?

Das Budget soll es allen Projektpartnern und Beteiligten möglich machen, ihre Aufgaben im Projekt gut zu bearbeiten.

Keine Arbeitsleistung ohne Vergütung!

Tatsächliche Arbeits- und Dienstleistungen müssen ehrlich kalkuliert werden. Wenn das Projekt sie nicht bezahlen kann, können sie auch nicht eingeplant werden.

Inklusion betrifft auch das Budget.

Mobilität für und Kommunikation mit Menschen mit Behinderungen verursachen zusätzliche Kosten (z.B. Reisebegleitungen, Assistenzkräfte, Dolmetscher, Höranlagen).

Mehr Zeit hilft, Kosten zu sparen.

Mehr Zeit: Es sind mehr Eigenleistungen möglich; es gibt mehr Spielraum bei Auftragsleistungen.

3. Die Durchführung

3.1 Interne Kommunikation zwischen den Partnern und Beteiligten

Welche Ziele wollen wir gemeinsam erreichen?

Die gemeinsamen Ziele sind auch die Leitlinien für den Austausch unter den Partnern. Doch jeder Partner hat eigene Vorstellungen von der Zusammenarbeit im Projekt.

Vorbereitendes Seminar zur Arbeitsweise:

Die Partner besprechen dort, wie sie während des Projekts zusammenarbeiten wollen, was sie von einander erwarten und wie sie in dieser Zeit miteinander sprechen und diskutieren wollen.

Internationale Steuerungsgruppe:

Alle Partnergruppen sind hier vertreten.

Der Informationsfluss in die Steuerungsgruppe und zu den Partnern muss gleichmäßig gestaltet werden.

Wie können wir Kommunikations- und Sprachprobleme bewältigen?

Alle Beteiligten können sich vorbereiten, auf verschiedene Weise (verbal, nichtverbal) und auf verschiedenen Wegen (sprechen, schreiben) zu kommunizieren.

Normale Übersetzungsprogramme auf dem Smartphone bieten Hilfe im Gespräch.

Die Verständigung kann auch mit Kommunikationstafeln mit Bildmaterial oder Piktogrammen unterstützt werden.

Gute Vorbereitung der Begleitpersonen/ Assistenz hilft bei der Kommunikation in schwierigen Fällen.

Bei vielen Fragen und Themen ist es sinnvoll, mit weiteren Experten und Fachleuten zu arbeiten.

Beschreiben Sie die Aufgaben dieser Fachleute klar.

3.2 Klar und einfach zu verstehen: Kommunikation mit allen

Gute Verständlichkeit ist eine grundsätzliche Qualität aller Kommunikation.

Klare Gliederung, einfache Sprache. Sagen Sie, was Sie tatsächlich sagen wollen.

Benutzen Sie eine verständliche Sprache, die auch leicht zu übersetzen ist.

Fragen Sie nach, wenn nötig, ob Sie verstanden wurden.

Achten Sie auf barrierefreie Kommunikation!

Bitten Sie eine kompetente Begleitung – z.B. Dolmetscher – zu Hilfe.

Bieten Sie alternative Informationswege an.

3.3 Dokumentation

Was tun wir?

Warum tun wir es?

Wie tun wir es?

Was haben wir damit erreicht?

Die Dokumentation bietet die Grundlage für die Auswertung. Dokumentation und Auswertung sind die Wissensbasis für weitere Projekte.

Es gibt viele Möglichkeiten, Planungsprozesse, Projektaktivitäten und Ergebnisse zu dokumentieren. Manche Dokumentationen können ihrerseits auch ein Ergebnis des Projekts sein. Dieses Handbuch ist ein Produkt eines Projekts und beruht auf den dokumentierten Erfahrungen und Ergebnissen.

Alle notieren eigene wichtige Erfahrungen. Sie werden in Meetings gemeinsam besprochen. So entsteht ein umfassendes und detailliertes Bild des Projekts und seiner Ergebnisse.

4. Auswertung und Öffentlichkeitsarbeit

4.1 Auswertung

Was haben wir erreicht?

Was hat es bewirkt?

Warum?

Fragen Sie sich auch schon nach einzelnen Schritten während des Projekts:

Haben die Mühe und der Aufwand sich gelohnt? Waren die Ansätze und Methoden erfolgreich?

Das Ziel der Auswertung ist es, diese Fragen mit überprüfbaren Fakten zu beantworten. Die erreichten Veränderungen werden an den zu Beginn festgelegten Zielen gemessen. Dabei ist es wichtig, klar zu benennen, was erreicht wurde und was nicht erreicht wurde.

Es lohnt sich, gemeinsam ein System für den laufenden Erfahrungsaustausch im Projekt zu entwickeln.

Betrachten Sie alle Aspekte des Projekts: die Ziele, die Vorbereitungen, die Aktionen und Aktivitäten, die Kommunikation, die Öffentlichkeitsarbeit und vieles mehr.

Was wurde nicht erreicht?

Warum nicht?

Erfolg und Misserfolg sind gleich wichtig.

Auch die Anstrengungen des Projekts, die nicht erfolgreich waren, oder die nicht die erwarteten Ergebnisse hatten, geben wertvolle Hinweise für alle Beteiligten.

4.2 Öffentlichkeitsarbeit

Wen wollen wir informieren?

Wen wollen wir interessieren?

Wen wollen wir überzeugen?

Öffentlichkeitsarbeit kann unterschiedliche Ziele verfolgen.

Es ist wichtig zu wissen, warum wir uns an die Öffentlichkeit wenden.

So können Sie auch gezielt Medien und Informationswege auswählen.

4.2.1 Die Öffentlichkeitsarbeit nach Innen

Wer unterstützt unser Projekt?

„Wir haben den Oberbürgermeister und den Stadtrat während des Projekts kontinuierlich informiert.“

Wer kann interessante Anregungen geben, wessen Meinung ist uns wichtig?

Bei großen Projekten gibt es mehr Einrichtungen und Personen, die das Projekt unterstützen. Sie brauchen Informationen über den Verlauf der Projektarbeit.

Haben alle Beteiligten ausreichend Möglichkeiten für ein Feedback?

Auch bei den Feedback-Möglichkeiten müssen Barrierefreiheit und bestehende Kommunikationsgewohnheiten berücksichtigt werden.

4.2.2 Die Öffentlichkeitsarbeit nach Außen

Wie informieren wir die Bürger über unser Projekt?

Formulieren Sie klare Aussagen über das Projekt an die Öffentlichkeit.

Wie können wir breite Unterstützung für unsere Ziele gewinnen?

Wählen Sie statt einer Fachsprache eine leicht verständliche Sprache.

Arbeiten Sie auch mit Bildern und Videos in sozialen Netzwerken.

Wie können wir weiteres Engagement fördern?

4.2.3 Barrierefreie Öffentlichkeitsarbeit

Sind die Informationsmaterialien visuell klar gestaltet?

Ist die Sprache verständlich und leicht in andere Sprachen übersetzbar?

Sind die wichtigsten Informationen mühelos zu finden und zu verstehen?

Bei allen Veröffentlichungen (z.B. auf der Webseite) sollen die Kontaktdaten von Personen leicht zu finden sein, die Auskunft zur Barrierefreiheit bzw. zu bestehenden Barrieren geben können.

Wird über die Barrierefreiheit von Veranstaltungen/ Meetings informiert?

Benutzen Sie andere Sprachen?

Auch Leichte oder Einfache Sprache und Gebärdensprachen gehören dazu.

Benutzen Sie verschiedene Formen von Kommunikation, hörbare und visuelle Versionen?

Werden Bilder als Hilfe zur Textverständigung verwendet?

Sind die Webinformationen barrierefrei?

Die internationalen WCAG-Richtlinien und die deutsche Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) sind dafür gute Grundlagen.

Impressum

Herausgeber

Stadt Leipzig, Oberbürgermeister, Referat Internationale Zusammenarbeit, Martin-Luther-Ring 4-6, 04109 Leipzig

Verantwortlich

Dr. Gabriele Goldfuß

Text und Redaktion

Eeva Rantamo, Martin Conze, Kulturprojekte – Inklusive Kulturarbeit, Köln

Grafische Gestaltung

Jaroslaw Kubiak, Leipzig

Projekttitel

„Inklusive Kommune“ – Maßnahmen zur Förderung einer inklusiven Gesellschaft in der Partnerstädten Leipzig und Addis Abeba

Projektwebseite: https://inklusivestadt.org

Gefördert durch Engagement Global gGmbH, Servicestelle Kommunen in der Einen Welt - Programm „Nachhaltige Kommunalentwicklung durch Partnerschaftsprojekte“ (Nakopa)

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